Rückblickend auf die vielen Gespräche, Diskussionen und Dialoge innerhalb des Netzwerkes „lernen+raum“ und die Ergebnisse der Auseinandersetzung mit guten Beispielen und Initiativen auf internationaler Ebene hat das Netzwerk „lernen+raum“ mit Blick auf die zukünftigen notwendigen Entwicklungen im Land Südtirol 11 Thesen aufgestellt:
1. UNSERE HÄUSER DES LERNENS SIND AUF EINE ERWEITERTE LERNKULTUR HIN ANZUPASSEN
Unser Land verfügt über gute Rahmenbedingungen, um die Gestaltung des Lebens- und Lernraums Kindergarten/Schule aus den pädagogischen Profilen der Bildungseinrichtungen heraus zu entwickeln. Der Bedarf und die Herausforderung sind groß. Die Auseinandersetzung mit der Thematik und erste gute Bespiele sind realisiert bzw. auf dem Weg.
2. KINDERGARTEN- UND SCHULBAUPROZESSE KÖNNEN PÄDAGOGISCHE ENTWICKLUNGSPROZESSE IN GANG SETZEN
Neubauten bzw. Sanierungen von Häusern des Lernens müssen genutzt werden, um die Entwicklungen innovativer pädagogischer Profile anzuregen. Die Konzeption der Lernräume, die Entwicklung der äußeren Hüllen und der Einrichtungen für das Lernen müssen Hand in Hand gehen mit der Entwicklung einer erweiterten Lernkultur. Diese Entwicklungsprozesse brauchen Anregung und Begleitung – weit über die Planungs- und Bauphase hinaus.
3. DER DIALOG ZWISCHEN PÄDAGOGIK, ARCHITEKTUR UND BAUHERRN FÜHRT ZU EINER NEUEN QUALITÄT DER ERGEBNISSE
Eine konstruktive Weiterentwicklung der Sache erfordert in der weiteren Diskussion des Themas „Lebens- und Lernraum
Kindergarten/Schule“ ein Hereinholen aller Beteiligten in den gemeinsamen Dialog.
4. SENSIBILISIERUNG UND FORSCHUNG BRINGEN DIE ENTWICKLUNG DER SCHULRAUMKULTUR VORAN
Es ist im Sinne der Sache, über gezielte Projekte, Forschungstätigkeiten, Studien… die Weiterentwicklung der Lernkultur und der entsprechenden Lehr- und Lernräume voranzutreiben. Die Ergebnisse in ihrer Vielfalt sollen einer möglichst breiten Öffentlichkeit zugänglich gemacht werden, eine Anerkennung von gelungenen Beispielen durch die Vergabe eines Schulbaupreises erfolgen.
5. PLANER UND PÄDAGOGOGEN ÜBERNEHMEN VERANTWORTUNG FÜR DIE BILDUNGSRÄUME
Das Entwerfen von Räumen, Raumgefügen und Gestaltungselementen, ausgehend von den pädagogisch/didaktischen Tätigkeiten und den Entwicklungskonzepten der Kindergärten/Schulen, erfordert eine gute Kenntnis des aktuellen Geschehens in den Bildungseinrichtungen. Planende müssen die Entwicklungen und pädagogischen Herausforderungen im Bildungsbereich verstehen.
6. BAUHERREN MÜSSEN GARANTEN SEIN FÜR DIE QUALITÄT DER BILDUNGSBAUTEN
Es ist anzustreben, dass Gemeinden als Bauherrn und Landesämter, die für den Kindergarten- und Schulbau zuständig sind, neben den organisatorischen, verwaltungs- und finanztechnischen Aufgaben auch die Herausforderungen im Bildungsbereich kennen und ein Interesse entwickeln, Bildungsarbeit durch eine hohe pädagogische Qualität des Gebauten zu unterstützen.
7. MODERATIONSKULTUR BEDEUTET QUALITÄT DER ERGEBNISSE
Es ist notwendig, bereits vor der Planung eines Kindergartens/einer Schule die Organisations- und Planungsabläufe zu kennen und Bescheid zu wissen über die Phasen, in denen entscheidend Einfluss genommen werden kann auf die erwünschte Qualität des Ergebnisses. Es gilt, Planungen und Entwurfsarbeiten in partizipierten Verfahren anzugehen. Dazu bedarf es einer guten Moderationsarbeit. Diese gilt es bereit zu stellen.
8. DAS PÄDAGOGISCHE PROFIL DER SCHULE IST DAS HERZ DER SCHULBAUPLANUNG
Die neuen Schulbaurichtlinien sehen als grundlegendes Orientierungsdokument für den Planer die Erstellung eines Organisationskonzepts mit pädagogischer Ausrichtung vonseiten des Kindergartens/der Schule vor. Die Kindergärten und Schulen brauchen Unterstützung in der Ausarbeitung dieser Konzepte.
9. AUSBILDUNG DIENT DER NACHHALTIGKEIT
Um die Thematik längerfristig und nachhaltig zu verankern, ist es notwendig, sich bereits in der Ausbildung der Kindergärtner/-innen und Lehrpersonen mit der Sache auseinanderzusetzen und den Aufbau von entsprechenden Einsichten und Erkenntnissen anzubahnen.
10. DIE ROLLE DER KINDERGARTEN-/SCHULLEITUNG IST AUSSCHLAGGEBEND
Die Führungskräfte bedürfen eines soliden Überblickwissens zur Thematik und der Kenntnis von Anlauf- und Informationsstellen.
11. QUALITÄTSKRITERIEN FÜHREN ZU GUTEN BILDUNGSBAUTEN
Die Qualität der Ergebnisse darf nicht dem Zufall oder dem vorhandenen bzw. nicht vorhandenen Engagement der Zuständigen überlassen bleiben. Um eine angemessene Qualität garantieren zu können, bedarf es einiger klar formulierter Qualitätskriterien, die verbindlich zu erfüllen sind. Diese Kriterien müssen gleichzeitig den Orientierungsrahmen bilden für die Entscheidungen auf Landesebene, welche Projekte realisiert werden. Gleichzeitig sind die Wettbewerbsverfahren den neuen Notwendigkeiten und der Sicherung der Qualität anzupassen.
Für das Netzwerk „lernen+raum“
Der Vorstand:
Arch. Paulo Bellenzier
Arch. Luca Canali
Prof. Dr. Beate Weyland
Dr. Josef Watschinger
März 2014